»Den Dritten Weg einhalten! «
Interview des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Diakoniestiftung und ehrenamtlicher Vorsitzender des Diakonischen Dienstgeberverbandes in Glaube + Heimat vom 23. September 2011
Seit Monaten schwelt ein Streit in der Diakonie über das Arbeitsrecht. Martin Hanusch befragte dazu den Vorstandsvorsitzenden des Dienstgeberverbandes der Diakonie Mitteldeutschland, Klaus Scholtissek.
Herr Dr. Scholtissek, die Arbeitsrechtliche Kommission in der Diakonie Mitteldeutschland ist gegenwärtig nicht arbeitsfähig. Wo liegen die Ursachen?
Scholtissek: Seit mehreren Jahren hat sich der Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen (GAMAV) auf eine Blockadehaltung festgelegt. Eine Mitarbeit in der Arbeitsrechtlichen Kommission, in der Dienstnehmer und Dienstgeber paritätisch vertreten sind und verhandeln, wird abgelehnt.
Der GAMAV übernimmt hier die von der Gewerkschaft ver.di gesteuerte Kampagne, die darauf abzielt, bundesweit knapp eine Million potenzieller neuer Mitglieder zu gewinnen. Dazu muss allerdings das in der Verfassung verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, aus dem sich eine eigenständige Arbeitsrechtssetzung ergibt, ausgehebelt werden. Man will nachweisen, dass der sogenannte Dritte Weg nicht funktioniere. Dazu werden Mitarbeitervertretungen gebraucht, die über eine Blockadehaltung das herstellen, was dann als Argument verwendet wird: einen Stillstand in den Tarif-Verhandlungen.
Was soll mit der Wahlversammlung am 27. September erreicht werden?
Scholtissek: Die Landessynode der mitteldeutschen Kirche hat auf ihrer Sitzung im November 2010 eine Lösung für die Überwindung der Blockadehaltung des GAMAV gefunden. Nach dieser Regelung werden alle einzelnen Mitarbeitervertreter im Bereich der Diakonie Mitteldeutschland eingeladen, um auf basisdemokratischem Weg ihre Delegierten in die Arbeitsrechtliche Kommission zu entsenden. Dann kann wieder paritätisch zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern verhandelt werden.
Aber wird damit nicht der Gesamtausschuss ausgehebelt?
Scholtissek: Es ist der verbindliche Auftrag der Mitglieder im Gesamtausschuss, die Interessen der Mitarbeitenden im Rahmen des geltenden Rechts zu vertreten. Wenn diese Aufgabe aus sachfremden Motiven nicht wahrgenommen wird, haben die Mitarbeitenden, die nicht mehr vertreten werden, das Recht, in demokratischer Wahl ihre Delegierten für die Arbeitsrechtliche Kommission zu wählen.
Welche Lösung sehen Sie?
Scholtissek: Die Dienstgeberseite ist sich mit den Synoden und den Dachverbänden einig: Der Dritte Weg gehört zum Markenkern diakonischer Arbeit. In Mitteldeutschland zahlt die Diakonie im Vergleich zu anderen Wohlfahrtsverbänden und den privaten Anbietern die höchsten Gehälter! Für uns ist die Ablehnung des Dritten Weges und die geforderte Einführung von Streik und Aussperrung in der Diakonie im hohen Maße unverantwortlich – dies verletzt die Interessen der Menschen, für die wir arbeiten, dies verletzt das Miteinander in der Dienstgemeinschaft. Wir wollen gemeinsam zu fairen Lösungen kommen. Unsere Hand ist und bleibt ausgestreckt.
Quelle: Glaube und Heimat, 23. September 2011