Interview mit Christine Josiger, Leiterin des ambulanten Palliativ- und Hospizberatungsdienstes für die Regionen Saale-Orla und Saalfeld-Rudolstadt
Frau Josiger, man sieht in Saalfeld Transparente, die auf die Initiative für ein stationäres Hospiz am Saalebogen aufmerksam machen. Warum gibt e diese Aktivitäten?
Weil Hospizarbeit immer aktuell ist. Damit soll der Forderung verstärkt Ausdruck verliehen werden, jedem Menschen, unabhängig von der Erkrankung, der persönlichen Lebenssituation oder vom Wohnort, eine hochwertige palliative/ hospizliche Begleitung zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört auch, dass Menschen in ganz bestimmten Lebens- bzw. Sterbesituationen in ein stationäres Hospiz aufgenommen werden. In unserer Region haben sich Menschen zusammen gefunden, die sich besonders dafür einsetzen, dass es in Zukunft auch in Saalfeld solch ein Angebot gibt. Die Diakoniestiftung sieht als ihren besonderen Auftrag, die häusliche Hospizbegleitung, also das ambulante Angebote auszubauen.
Welche Aufgaben hat Hospizarbeit genau?
In den letzten 10, 15 Jahren ist in Thüringen ein Netz von Angeboten gewachsen. Ambulante Hospiz-und Palliativberatungsdienste leisten mit ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern eine gute Arbeit, um die Menschen im häuslichen Bereich zu unterstützen und das Thema ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. An mehreren Standorten in Thüringen gibt es stationäre Hospize, in denen Sterbende ihre letzte Lebenszeit verbringen. Da die meisten Menschen zu Hause sterben möchten, wurden zu den bestehenden Strukturen mobile Fachteams gegründet, die medizinische Begleitung leisten, um dem Wunsch erfüllen zukönnen. In unserer Region gibt es das SAPV-Team Südthüringen in Katzhütte, mit dem wir kooperieren.
Sie haben für den ambulanten Hospizdienst eine neue Koordinatorin eingestellt. Was koordiniert sie denn?
Wir begleiten schwer kranke, sterbende Menschen. Das kann in der Wohnung, in einem Pflegeheim, manchmal bei der Verwandtschaft oder auch in einem Krankenhaus sein. Auf Wunsch engagieren wir uns für die Trauernden und nehmen uns ihrer Sorgen an. Die Aufgabe der Koordinatoren, ist es, die Hospizbegleiter und die um Unterstützung Bittenden zusammen zu führen. Dies muss mit äußerster Sensibilität geschehen, um die Begleitung in der oft nur kurzen verbleibende Zeit sinnvoll zu gestalten. Unsere Ehrenamtlichen werden durch regelmäßigen Supervisionen und Gruppentreffen unterstützt.
Kann man sich bei Ihnen melden, und dann mitarbeiten?
Wir haben im gesamten Dienstbereich eine Vielzahl von Menschen, die bereit sind, Sterbenskranke zu begleiten. Alle haben vorher eine Ausbildung durchlaufen, die sie als HospizbegleiterInnen befähigt. Oft wurden die Menschen auf Grund eigener Erfahrungen auf das Thema aufmerksam und in der laufenden Praxis erhalten sie dann kontinuierliche Begleitung. Unsere Türen stehen für jeden, der sich für diese Aufgabe interessiert, offen. Wir beraten ihn gern und zeigen die Tragweite dieses Dienstes auf.
Was tun die Hospizbegleiter genau?
Die Aufgaben können so verschieden sein, wie wir Menschen sind: Manche helfen bei der Erfüllung letzter Wünsche, manche sind einfach nur anwesend oder bleiben da, wenn es schwer wird. Oft heißt es zur rechten Zeit zuhören, reden und schweigen. Schwerkranke und sterbende Menschen stehen vor der Herausforderung, alles Liebgewordene loslassen zu müssen und dieser Weg ist oft mit Ängsten und Schmerzen verbunden. In dieser Situation braucht es gut vorbereitete Begleiter die engagiert und einfühlsam handeln. Die oberste Voraussetzung für unsere Arbeit ist die Schweigepflicht.
Haben Sie genug Ehrenamtliche für diese Aufgaben?
Im vergangenen Jahr haben wir mehr als 100 Menschen auf ihren letzten Wegen begleitet. Nicht jeder Ehrenamtliche passt in jede Familie, außerdem können auch persönliche Belastungen dazu führen, zeitweise diesen Dienst nicht tun zu können. Ein besonderes Thema sind die Entfernungen in unseren Landkreisen. Die Menschen leben auf einer großen Fläche, zum Teil in sehr kleinen Ortschaften, nicht immer sind Ehrenamtliche in direkter Nähe. Durch die zu erwartende neue Gesetzgebung und die immer bessere Bekanntheit unseres Angebotes wachsen die Nachfragen. Deshalb haben wir in den letzten Monaten zwei neue Kurse für Hospizbegleiter angeboten, im September wird es den nächsten Abschluss geben. Neue Kurse sind in Planung. Interessenten können sich an unsere Koordinatorn Barbara Förtsch wenden, die hier im Saalfelder Bereich zuständig ist.
Kann sich jeder diese Unterstützung leisten?
Für die Betroffenen ist das Angebot der Begleitungen kostenlos. Wir freuen uns über jede Spende, denn nicht alle Kosten werden durch die Krankenkassen und das Land Thüringen finanziert. Wir bieten unsere Hilfe unabhängig von der Weltanschauung, der Überzeugung und der Nationalität des Sterbenden an. Unser Dienst wird von drei angestellten Koordinatoren fachlich verantwortet und ist christlichen Wertevorstellungen verpflichtet. Ein großer Anteil der Arbeit wird durch die Hospizbegleiter ehrenamtlich geleistet, sie schenken ihre Zeit und leisten so unserer Gesellschaft einen wunderbaren Beitrag an Mitmenschlichkeit.
Im Zusammenhang mit der neuen Gesetzgebung wurde auch das Thema der Sterbehilfe laut. Was halten Sie davon?
Die Angst vor Leid, Siechtum und Schmerzen in der Bevölkerung ist groß, wir merken aber zunehmend, dass das Thema Sterben, Tod und Trauer nicht mehr verdrängt wird, sondernd verstanden werden will. Durch unsere Präsenz in der Öffentlichkeit wollen wir die Annäherung an das Thema unterstützen. Wir lehnen aktive Sterbehilfe ab, denn wir sind der Überzeugung: Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.
Kontakt:
Christine Josiger, Leiterin des ambulanten Palliativ- und Hospizberatungsdienstes der Diakoniestiftung
Bayerische Str. 13
07356 Bad Lobenstein
Tel.: 036651 - 398955
Mail: hospiz.lobenstein@diakonie-wl.de
Barbara Förtsch, Ansprechpartnerin des ambulanten Palliativ- und Hospizberatungsdienstes der Diakoniestiftung in Saalfeld/Rudolstadt:
Haus der Diakonie / Brudergasse 18
07318 Saalfeld
Tel.: 03671 - 45589-128
Mail: b.foertsch@diakonie-wl.de
Bild (von Sandra Smailes): Christine Josiger (r.), Leiterin des ambulanten Palliativ- und Hospizberatungsdienstes der Diakoniestiftung, und Barbara Förtsch, Ansprechpartnerin des Hospizdienstes in Saalfeld/Rudolstadt