Der Diakonie-Förderverein Christopherus hat am Donnerstagabend seine größte Veranstaltung seit Gründung des Vereins im Jahre 1991 veranstaltet. Mehr als 400 Gäste waren in das Bad Lobensteiner Kulturhaus gekommen, um die Theologin, Pfarrerin und Autorin Margot Käßmann zu erleben. Aus Hannover mit dem Zug angereist, las sie aus ihrem neuen Buch: „Vergebung – Die befreiende Kraft des Neuanfangs“.
Geplant war die Lesung bereits 2020. Durch die Corona-Pandemie musste drei Mal verschoben werden. Dank der Beharrlichkeit von Katrin Gersdorf, die Mitglieder im Förderverein ist, konnte der Abend nun stattfinden.
Nach Musik vom Posaunenchor Friesau-Zoppoten und der Begrüßung von Bettina Schmidt, der Vorsitzenden des Fördervereins, kam Margot Käßmann zu Wort. In einer guten Stunde spannte sie einen Bogen über persönliche Geschichten hin zu Themen aus der Kirche bis zum Krieg in der Ukraine. Sie sprach von Familienstreit durch scheinbare Ungerechtigkeit beim Erbe, Missverständnisse mit Schwiegerkindern und Betrug in Ehe oder Partnerschaft. Mal rät sie ein Thema ruhen zu lassen, dann über den Streitpunkt hinwegzusehen oder gar irgendwann Milde walten zu lassen. Denn stets mache vor allem der hasserfüllte, vermeintlich geschädigte Mensch sein eigenes Leben kaputt. Ein Dasein, das von Wut und traurigen Gedanken gefüllt sei, sei weggeworfene Lebenszeit. Niemals sollten Verwundungen in der Ehe auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. „Vergeben heißt nicht vergessen, aber mit Enttäuschungen leben zu lernen“, sagt Margot Käßmann. Sie sprach von ihrer Kindheit, erzählte wie die Trennung von ihrem Mann gelaufen sei. Um den Kindern nicht zu schaden, wurde diese fair gestaltet.
Immer wieder kamen, das Publikum sichtlich ergreifende Beispiele von Unglück, Verwerfungen und Gewalt zur Sprache. Käßmann verarbeitet in ihrem Buch Geschichten, die sie von Menschen, manchmal am Sterbebett oder auch in Seelsorgegesprächen gehört hat. Der Mann, der seine Kinder schlug, ein Soldat, der versehentlich ein Kind erschoss. Menschen, die ihren Geschwistern Unrecht getan haben. Vergebung - das heißt auch sich selbst zu vergeben.
Ein Autounfall, die Mutter will ihr Kind schützen, doch durch ein Unglück kommt es zu Tode. Wer ist schuld? Wie mit dem Erfahrenen weiterleben? Alles drum herum durch Wut und Trauer, durch Rachegedanken zerstören oder sich und den anderen - irgendwann - vergeben.
Margot Käßmann hat mit ihren Geschichten die Zuhörer getroffen. Nach dem Vortrag hatte sie viele Bücher zu signieren. Ihr wurden persönliche Schicksale erzählt. Es sind auch Tränen geflossen. Vergebung – ein Wort, für viele so schwer. Käßmann hat Mut gemacht.
Und damit das Ziel des Fördervereins erreicht. Der Verein unterstützt mit fünf Projekten alte und hilfebedürftige Menschen. Das oft mit ehrenamtlichen Helfern. Um ihnen danke zu sagen, hatten die Vereinsmitglieder freien Eintritt zur Lesung. Der ambulante Hospizdienst war mit mehr als 20 Begleiterinnen im Saal, die bis aus Rudolstadt gefahren kamen.
Zum Gelingen des Abends haben auch die Bad Lobensteiner Buchhandlung und die Werkstätten Christopherushof gesorgt. Die einen mit einem gut sortierten Bücherangebot und die anderen mit Imbiss und Getränken.
Kontakt: Betina Schmidt, Vorsizende des Diakonie-Förderverein, Tel. 036643 4-123, b.Schmidt@diakonie-wl.de
Text/Bilder: Sandra Smailes